Aktuell hier ein Statement von manomama auf facebook:
Vergangenen
Sonntag durfte ich einer Talksendung beiwohnen. Hier das, was ich gerne
erzählt hätte, wenn man mich gelassen hätte:
100% bangladeshfrei oder warum wir wieder mehr über Insourcing nachdenken müssen...
Asien, der verpönte Produktionskontinent. Und dennoch sind sie alle da.
Dort, wo man am billigsten Konsumgüter für den reichen Westen
herstellen kann. Am schlimmsten, darf man Medien und
NGOs glauben, müsse Bangladesh sein. Und so schossen sich jene auf
dieses Land ein. Über hundsmiserable Bedingungen in den umliegenden
Ländern wie China, Indien und Pakistan liest man seltenst, hört man
kaum. Dafür kursieren umso mehr grausame Nachrichten aus Bangladesh.
Völlig sarkastisch könnte man den Einsturz der Nähfabrik mit
anschließend über 1000 Toten und unzähligen lebenslang gehandicapten
Menschen als einen wahren Segen für Organisationen nennen, die davon
leben. Es dauerte nicht lange, da präsentierten sechs NGOs das
sogenannte „Brandschutzabkommen für Bangladesh“. In der Talksendung hat
Entwicklungsminister Niebel übrigens entdeckt, dass er und seine
Regierung ebenfalls daran mitgewirkt hätten.
Ich habe es mir im
Original durchgelesen. Ein Fetzen Papier, das so konkret ist, wie ein
Rohrschach-Bild. Und die wenig konkreten Punkte so realistisch wie
Weltfrieden. Das Einzige, was sehr konkret betitelt wurde, waren bis zu
500.000 US-Dollar im Jahr. Kosten, die jeder einzelne beigetretene
Wirtschaftspartner bereitstellen muss, um die Maßnahmen für eine
Besserung in Bangladesh, durchzusetzen. Zum Zeitpunkt der Unterschrift
waren sowohl die Maßnahmen, als auch die Umsetzung unklar. Einzig vage
Ziele wurden formuliert. Dass Arbeiter keinen Lohn einbüßen müssten,
während die Fabrik auf Brandschutz untersucht würde, zum Beispiel. Oder
dass der Arbeiter eine adäquate Stelle angeboten bekäme, würde nach
einer Prüfung seine eigentliche Arbeitsstätte geschlossen. Hehre Ziele,
hohe Kosten, null Plan. Um an diesem Plan als Wirtschaftspartner
mitarbeiten zu können, mussten die Konzerne jedoch erst unterschreiben.
So wünschten dies Vertreter der internationalen Gewerkschaften.
Handelskonzerne also durften nur mitwirken und erfahren, wie der Plan
aussieht, wenn sie vorher ein finanzkräftiges „Ja, ich will“
unterschrieben. Unterschreibe er nicht, könne er mit lautstarkem und gut
organisiertem Protest in den Zielmärkten rechnen. Der Jurist würde es
„Nötigung“ nennen. Diese Nebelbombe haben dennoch in kürzester Zeit über
40 Konzerne und Modemarken unterschrieben. Aus drei Gründen: allen
voran fürchten die Unternehmen den Imageverlust im Zielmarkt, bei den
Kunden. Selbst Konzerne, die weniger als 1 Prozent Ware aus Bangladesh
anboten, signierten. Der Schaden in Deutschland, erklärte mir der
Mitarbeiter eines Handelskonzerns, wäre zu groß. „Hier stehen ebenso
Arbeitsplätze auf dem Spiel! Und ändern kannste da unten eh nichts“,
sagte er. „Dat janze Land is vollkommen korrupt. Die Regierung
interessiert sich nicht für dat Volk.“
Den zweiten Grund
bestätigte mir der Sozialwissenschaftler. Wir beide waren und sind der
Meinung, dass eine flächendeckende Kontrolle in Bangladesh völlig
realitätsfern ist. Und, ehrlich gesagt, kein Ziel sein kann. Noch mehr
ökonomische Besatzung und moderner Kolonialismus wäre das Resultat. Ist
es heute bereits mehr als kritisch zu sehen, wie gut entwickelte Länder
schwächere Länder ausbeuten. Darüber hinaus ist die Implementierung
einer gewerkschaftlichen Struktur in Bangladesh lebensbedrohlich. Die
unterzeichnenden Konzerne konnten also getrost den Wisch unterschreiben,
weil die Wahrscheinlichkeit der Umsetzung eher gering wäre. Würde es
dennoch gelingen, käme der dritte Grund zum Tragen.
Dieses
Abkommen galt und gilt „nur“ für Bangladesh. Diese Tatsache macht alles
nur schlimmer. Die Primarks, kiks & Takkos, aber auch die teuren
Edelmarken, die im Billiglohnland produzieren, werden weiterziehen nach
Myanmar, Indonesien und Kambodscha. Sie werden dort in gleicher Weise
weiterproduzieren und die Produkte uns hier als „100 % bangladesh-frei“
verkaufen. Wir werden glauben, dass es dann gut ist. Ein Fehlglaube.
(Sina)
JAU ! Danke Dir !!!
AntwortenLöschenBitte gerne Silvia :-)
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